12. Adventstag

12. Adventstag

Eiskalt

Gestern habe ich über das Schreiben geschrieben und plädiert, wie toll es doch sei, sich Zeit lassen zu können um sich emotional in den Griff zu bekommen, bevor man kommuniziert. Ich habe lange überlegt, ob die heutige Achtsamkeitsstudie zu einem Beitrag werden soll, obschon ich noch, entschuldigt den vulgären Ausdruck, echt angepisst bin. Auch weiss ich nicht, ob die Thematik zu dieser Zeit passt und zur Challenge (du erinnerst dich an Barbara). Nun, die Abmachung war, jeden Tag achtsam anzugehen und sich auf etwas zu fokussieren und am Ende des Tages darüber zu reflektieren. Eigentlich meinten wir etwas Positives.

Als ich heute in dieser Affenkälte meinem begehbaren Adventskalender entlang schlenderte, um die Kerzen anzuzünden, sah ich aus der Ferne zwei Fahrradfahrerinnen entgegenkommen. Die beiden Oberstufenschülerinnen, gallant am steuern, chatten und trinken, bewegten sich langsam in meine Richtung. Auf einmal warf das hintere Chick ihre Getränkedose auf den Boden. Kurz darauf machte die Vordere genau das Selbe, nur in einem etwas höheren Bogen, ins Feld treffend. Danach fuhren sie, lässig und extrem künstlichfreundlich mit hellen Engelsstimmen grüssend, an mir vorbei, als wäre es das Normalste der Welt, grüne Dosen im weissen Schnee zu entsorgen. Ich war ausser mir. Es übermannte mich ein Gefühl von Wut, Traurigkeit und Ohmacht. Was sollte ich tun, was kann ich tun (ausser die Dosen aufzulesen und in den ein paar Meter entfernten Papierkorb zu schmeissen)? Wie gehe ich mit diesem Gefühl um, wie kann Littering zukünftig verhindert werden? Wer ist für diesen Missstand eigentlich zuständig und wo ist verdamminonemou der Wurm drinn?

Ich überlege; an der Primarschule wo ich arbeite, werden die Kinder mit Regelsätzen, wie zum Beispiel «ich entsorge meine Abfälle» aufmerksam gemacht. Ich denke, dass auch die Oberstufe ihr Bestes tut, um dem Problem entgegenzuhalten. Die Getränkedosen können jedoch im Schulhaus aus dem Automaten gezogen werden. Man kann sich natürlich sagen; solange dieser keine Zigaretten und Alkohol ausspukt, ist doch alles im grünen Bereich.

Und so geht es weiter und weiter, von einem Schuldigen zum Anderen. Die Schule meint, dass es Sache der Eltern ist ihre Kids achtsam in diese Welt zu begleiten und mit gutem Beispiel voranzugehen. Die Eltern weisen auf den Erziehungsauftrag, z.B Umweltunterricht hin und machen die Schule mitverantwortlich.

Ich erinnere mich sehr gut an eine Ereignis, als mein ältester Sohn im Teenalter einmal eine Getränkedose aus dem Autofenster geworfen hatte. Es folgte eine Vollbremse, einen Verweis und die Aufforderung die Dose aufzulesen und den Heimweg (5Km) zu Fuss anzutreten, dort die Dose in den Alubehälter zu tun und gut ist. Ich wette auf ein Monatsgehalt, dass er nie mehr eine Dose einfach so weggeworfen hat!

Das Positive was ich der Sache abgewinnen kann ist, schreiben ist tatsächlich heilsam, ich bin viel ruhiger als vorher. Meine Wut hat sich gelegt, das ohmächtige Gefühl etwas relativiert (weil es hoffentlich noch mehr Eltern gibt die wegen einer Dose eine Vollbremse reissen) und die Traurigkeit hat sich verzogen und einem Schmunzeln Platz gemacht.


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